Naturschutz im Hutewald
Die Eiche ist mit ihrer rauen Borke, der licht- und wärmedurchlässigen Krone sowie ihrer Langlebigkeit als eine besonders artenreiche Baumart anzusehen. Sie hat allein 900 holzbewohnende Käferarten (70% aller heimischen Holzkäfer), 100 Schmetterlingsarten und bis zu 1000 weitere Insektenarten in einer Eichenkrone.
Der Artenschutz spielt deshalb eine große Rolle im Hutewald. Insgesamt sind hier 3600 Arten nachgewiesen, wobei sich Pflanzen und Tiere in ihrer Artenzahl die Waage halten. Davon gibt es insgesamt ca. 600 bedrohte Arten der Roten Liste(RL 0: 11 Pflanzen und 2 Tiere; RL 1: 22 Pflanzen und 16 Tiere). Herausragend ist ein EU-Weiter Neufund und eine komplett neu entdeckte Art.
-
Fledermäuse im Hutewald: 11 Arten u.a. Bechsteinfledermaus, Großes Mausohr (FFH Richtlinie Anhang 2 und 4)
-
Veilchenblauer Wurzelhalsschnellkäfer: 1 Vorkommen in Norddeutschland; 5 mal in Deutschland; 30 mal in Europa; lebt in Baumhöhlen mit Bodenkontakt
-
Über 300 Totholzkäferarten im Projektgebiet; im Dung 140 Käferarten u.a. Mistkäfer, der hier zahlreich vorkommt und gute Nahrung für das Große Mausohr darstellt.
-
Flechten (etliche Rote Liste 1 Arten: Bartflechte und Moosbärte; Arthonia vinosa), sowie Moose
H.-G. WAGNER (2005) zum Projektgebiet: „…immense, in der Bundesrepublik Deutschland heute wohl an keiner anderen Stelle gegebene Möglichkeit zum Schutz zahlreicher gefährdeter, vor allem eichenspezifischer, epiphytischer Flechten auf derart kleinem Raum bietet“ und „für den Schutz hochgradig bedrohter Flechten in Mitteleuropa schon jetzt zentrale Bedeutung und zukunftsweisende Funktion hat.“
- Pilze (z.B. der Mosaikschichtpilz - Rote Liste 2 – Leitart in alten totholzreichen Wäldern)
- Typische Vogelarten in Eichenlebensräumen: Eichelhäher und Mittelspecht
Schutzkonzept / Ziele
- Es ist eine Habitatkontinuität zu gewährleisten, d.h. es sind entsprechende Strukturen zu entwickeln, durch Förderung von Eremit-Zukunftsbäumen, Ausweisung von Habitatbaumgruppen, Erhalt von Totholz und Sonderstrukturen.
- Der Erhalt der Zielarten erfordert aktives Handeln, wie die Entnahme von Buchen zu Gunsten der Eiche und die Neubegründung von Eichenbeständen mit Zaunschutz. Die Eigendynamik der Wälder kann dies nicht bewerkstelligen.
- Grund hierfür ist die starke Konkurrenzkraft der Buche gegenüber der Eiche. Die Buche überwächst die Eiche, die im Schatten der Buche nicht existieren kann.
- Um diese Ziele zu erreichen, gibt es detaillierte Managementpläne mit der Festlegung von Maßnahmen für jede Einzelfläche in den Schutzgebieten.
Exkurs Eremit (Osmoderma eremita)
Steckbrief
- stammt aus der Familie der Blatthornkäfer; aus der Unterfamilie der Rosenkäfer
- Larve lebt 4 Jahre in alten Baumhöhlen
- ausgewachsene Käfer leben dann nur 3 Wochen (Männchen) bis 3 Monate (Weibchen) und nehmen während dieser Zeit keine Nahrung auf
- Name Eremit, da die meisten Tiere nie ihre Höhle verlassen, einige aber sind an Tagen über 25 Grad aktiv (Juni bis August)
- die Männchen verströmen einen aprikosenartigen Duft, der auch nach Juchtenleder riecht (Zweitname „Juchtenkäfer“)
Schutzstatus
- FFH Richtlinie Anhang II und IV sowie auf der Roten Liste
- konkreter Artenschutz: Erhalt und Pflege der Altbäume mit Baumhöhlen und Förderung von Zukunftsbäumen und Eichenverjüngung um eine Habitatkontinuität zu gewährleisten
- ca. 500 Bäume in den Wäldern der Niedersächsischen Landesforsten sind mit dem Eremiten besiedelt
- Aufgrund des Vorkommens des Eremiten wurden 10 FFH- (Flora- Fauna- Habitat) Gebiete ausgewiesen, 2 davon liegen im Naturpark Solling-Vogler (bei Lauenberg und im südl. Solling)
Lebenszyklus
- Anlockstoffe (Aprikosenaroma) des Männchens für uns Menschen bis zu 10 m zu riechen
- Weibchen werden aus bis zu 1000 m Entfernung zum Höhleneingang gelockt, wo das Männchen am Höhleneingang posiert
- Paarung erfolgt in der Höhle, Eiablage am Höhlengrund
- Larve (bis zu 7,5 cm groß) frisst Pilzmyzel und Mulm an Höhleninnenwänden in tieferen, feuchten Schichten, wodurch sie die Höhle vergrößert
- durch diese Mulmvermehrung ist der Eremit Wegbereiter und auch Schirmart für viele andere Holzkäfer
- Bäume mit einem Brusthöhendurchmesser von über 50 Zentimetern und mit alten Faulhöhlen kommen als Habitatbäume in Betracht
Lebensraum
- Primäre Lebensräume: Auwälder und Eichenwälder – heute Parks, Friedhöfe, Alleen; im Solling 4 Eremit-Waldflächen
- nur bis 600 m ü. NN zu finden
- Strukturspezialist: lebt in ca. 6-12 m Höhe, wobei er einen lebenden Baum mit großer Mulmhöhle benötigt
Exkurs Hirschkäfer
Steckbrief
- größte heimische Käferart: Männchen bis 8 cm lang; Weibchen bis 5 cm
- Flugzeit der Käfer: Juni - Juli
- Baumsaft (an Rindenschäden) wird von Käfern als Nahrungsquelle genutzt
- Duft von Gerbsäure und Obst locken Käfer an
Schutzstatus
- auf der Roten Liste in Kategorie 2 als stark gefährdet eingestuft
- gesetzlicher Schutz gemäß FFH- Richtlinie (Flora-Fauna Habitat)
- Bestand zurückgehend aufgrund fehlender passender Lebensräume
Lebensraum
- fast nur Eichenwälder (aber auch andere Baumarten, z.B. Buche) mit mind. 5 ha Größe und einem Bestandesalter von 150 Jahren
- die Wälder müssen licht und warm sein
- faule Baumstubben ab 40 cm Durchmesser als Eiablageplatz
Entwicklung/Lebenszyklus
- Entwicklung: Ei → Larve (mind. 3x Häutung) → Vorpuppe → Puppe → Käfer (→ Ei)
- Schaukämpfe zwischen Männchen mit den hirschgeweihartigen Mandibeln
- Eiablage bis zu 70 cm unterirdisch an Wurzeln toter oder kranker Bäume; viele hundert Larven pro Stumpf möglich
- Larven leben an dem pilzbefallenem, morschen Stockholz 5-8 Jahre
- Verpuppung in 20 cm Tiefe, Länge der Larve bis 11 cm → Fressfeind: Schwarzwild
- Larven wurden bei Römern als Delikatesse gegessen; Geweihe der Männchen als Amulette getragen